Würzburger Hebammenschule schließt: Abschiedsfeier mit neuen Perspektiven
© UKW / Katja Zischler
Der letzte Ausbildungsjahrgang hat bereits die Zeugnisse erhalten, am 30. September wurde bei einer offiziellen Abschiedsfeier nochmals auf die lange Geschichte der staatlichen Hebammenschule in Würzburg geschaut – und auf die neuen Perspektiven. Denn: Bereits seit zwei Jahren gibt es den Studiengang Hebammenwissenschaften an der Würzburger Universitätsmedizin. Als offizieller Startschuss für die Hebammenausbildung in Würzburg kann allerdings das Jahr 1805 gelten. Damit ist Würzburg nach München und Bamberg der drittälteste Standort der Hebammenausbildung in Bayern.
Der Hintergrund zur neuen Ausbildungsform und zur Schließung der Schule: Ende 2019 trat das neue Hebammengesetz in Kraft, das eine Akademisierung der Ausbildung vorsieht. Daher wurde 2022 an der Würzburger Universitätsmedizin der Studiengang Hebammenwissenschaften etabliert. Seit 2022 liefen beide Systeme – die Ausbildung an der staatlichen Berufsfachschule und der Studiengang, zunächst parallel. Die Berufsfachschule war ein Teil des Staatlichen beruflichen Schulzentrums für Gesundheitsberufe in Würzburg.
„Die Hebammenschule ist auch ein Stück Würzburger Medizingeschichte. Das kann man bei über einer 200-jährigen Tradition schon sagen“, betont Edith Kroth, die seit 1999 die Würzburger Hebammenschule geleitet hat und künftig Aufgaben im Studiengang übernimmt. Als offizieller Startpunkt gilt das Jahr 1805. In diesem Jahr gelang es Adam Elias von Siebold, am Juliusspital eine erste „Gebärklinik“ einzurichten. Teile der Ausbildung der Hebammen fanden damals u.a. in den Privatwohnungen der Ärzte statt, so Kroth. Natürlich gab es schon viele Jahrhunderte vorher Hebammen in Würzburg, so die langjährige Leiterin der Berufsfachschule, aber das Jahr 1805 sei aufgrund der Klinikgründung herausragend. Das 19. Jahrhundert war von mehreren Standortwechseln und unterschiedlichen Zuständigkeiten geprägt. Ein wichtiger Schritt aus Sicht der Universitätsmedizin war dabei der Übergang von der „Kreisentbindungsanstalt“, in Verantwortung des Kreises Unterfranken, hin zur „Königlichen Universitäts-Frauenklinik und Hebammenschule“, bevor dann später mit dem Bezug der „neuen“ Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) in den 1930er Jahren die Hebammenschule dort eine neue Heimat fand. Seit 2020 fand die theoretische Ausbildung in den Schulräumen am Berliner Platz statt.
Auf eine häufig gestellte Frage antwortet Edith Kroth: „Einen männlichen Auszubildenden hatten wir übrigens in den ganzen Jahren nicht. Es gab zwar einzelne Bewerbungen in den 1980er Jahren, aber daraus folgte keine Ausbildung.“ Sehr wohl habe sich aber der gesellschaftliche Wandel und natürlich der medizinische Fortschritt auch in den Ausbildungsinhalten gezeigt. „Bis in die 1960er Jahre war die Hausgeburt etwa dominierend, erst dann setzte die Entwicklung ein, dass die meisten Geburten in Kliniken stattfanden. Das beeinflusste natürlich auch die Aufgaben der Hebammen“, erklärt Kroth. Und auch etwas, was heute alltäglich ist bei der Geburt, setzte sich erst sehr langsam seit den 1980er Jahren durch: Die Anwesenheit des Vaters bei der Geburt. „Das war lange eine absolute Ausnahme, heute ist es der Normalfall.“ Zudem prägten viele weitere Entwicklungen die Ausbildungsinhalte: Verändertes Frauen- und Familienbild, Fortschritte bei der Hygiene, moderne Anästhesieverfahren, die Gründung von Geburts- und Hebammenhäusern vor allem in städtischen Regionen – stets begleitet von den sich ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen und medizinischen Leitlinien. Eines ist Edith Kroth besonders wichtig: „Das Berufsbild ist so vielfältig. Dazu zählt die Schwangerenberatung, die Vorsorge, die Vorbereitung auf Geburt und Elternschaft, selbstverständlich die Geburt als solches und natürlich die Versorgung und Beratung im Wochenbett – es gibt so viele Facetten.“ Der letzte Ausbildungsjahrgang konnte bereits vor einigen Wochen die Zeugnisse entgegennehmen. Pro Jahr verließen zuletzt etwa 16 ausgebildete Hebammen die Schule. Kroth: „Unsere Absolventinnen sind weit verstreut – auch international.“
Zuletzt bestand das Team der Schule aus drei hauptberuflichen Hebammen-Lehrerinnen und zusätzlichen nebenberuflichen Dozenten verschiedener Fachbereiche. Die Zahl der Bewerbungen lag in den vergangenen Jahren bei jährlich etwa 300. „Das zeigt, dass der Beruf auch heute attraktiv ist“, so Kroth. Auch daher habe ihr immer die inhaltliche sowie die methodisch-didaktische Weiterentwicklung des Unterrichts besonders am Herzen gelegen. Das zeigt etwa, dass sie intensiv an der Weiterentwicklung des Lehrplans beteiligt war. Und: Natürlich ist der Abschied der Schule auch mit Wehmut verbunden, aber ganz bewusst habe man die Abschiedsfeier auch unter das ergänzende Motto „Neue Perspektiven“ gestellt. „Durch diesen Übergang können wir die langjährige Erfahrung hier am Standort auch zukünftig in die akademische Hebammen-Ausbildung integrieren“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Pecks, Lehrstuhlinhaber „Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft“ in Würzburg und Leiter der Geburtshilfe am UKW. „Durch den Start des Studienganges 2022 wird Würzburg weiter mit großem Erfolg Hebammen ausbilden und damit diese Würzburger Medizingeschichte weiterschreiben.“
Das Studium schließt mit dem Titel „Bachelor of Science“ ab. Prof. Pecks betont: „Die praktische Erfahrung ist ein wesentlicher Teil des Studiums, das die Hebammen auf die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten vorbereitet. Das ermöglicht auch die Theorie-Praxis-Verzahnung mit den zahlreichen kooperierenden Praxiseinrichtungen in der Region.“ Und ebenso wichtig sei auch: Die lange Tradition der Hebammenausbildung in Würzburg bleibt ein wichtiges Element im Studiengang und Verpflichtung zugleich.
Stefan Dreising am 04.10.2024